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Ökotoxikologischer Index zur Gewässerbewertung im .. (Ökotoxikologischer I..)
Ökotoxikologischer Index zur Gewässerbewertung im Bodenseeeinzugsgebiet
Start date: Feb 28, 2011,
End date: Feb 27, 2013
PROJECT
FINISHED
Sowohl die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (EU WRRL) als auch die Novelle der Schweizerischen Gewässerschutzverordnung (GschV) verstärken den Schutz der Gewässerlebewelt. Dies erfordert eine effektive und effiziente Einleiterkontrolle sowie eine neue ökotoxikologische Bewertungs- und Überwachungsstrategie für den Vollzug. Dieses InterReg IV Projekt entwickelt ein Konzept für einen integrierten biologisch/ökotoxikologischen und chemischen Bewertungsansatz nach dem TRIAD Prinzip. Dieser Ansatz erlaubt ein schrittweises Vorgehen zur Abklärung von Gewässerbelastungen basierend auf klassischem Biomonitoring einerseits sowie innovativen Methoden (GamTox, SPEAR Index) kombiniert mit chemischer Analytik andererseits. Methoden Der SPEAR-pesticide Index (Species at risk, UFZ Leipzig) bewertet die Makrozoobenthosfauna anhand verschiedener ökologischer traits inkl. eines Vergleichs der toxikologischen Sensitivität der jeweiligen Taxa in Bezug auf die Referenzorganismen Daphnia spp. gemäss Literaturangaben. Der GamTox (LimCo International, Konstanz) ist ein neuer Feldtest zur direkten Bestimmung von potentiell ökotoxischen Auswirkungen von Stoffgemischen im jeweiligen Gewässer. Dazu werden Bachflohkrebse (aus unbelasteten Stellen im Einzugsgebiet oder einer Laborzucht) im Gewässer gehältert und Überleben und Frass wöchentlich kontrolliert. Ziele Hauptziel war es, dem Vollzug ein schrittweises integriertes Gewässerbewertungskonzept an die Hand zu geben, welches sowohl für deutsche als auch schweizerische Gewässerschutzpraxis tauglich ist und erstmals Schadstoffeffekte von Stoffgemischen bewerten kann. A) Ziele für den SPEAR-Pesticide Index Erstmalige Anwendung in der Schweiz an Kleinstgewässern mit Pestizidbelastung Ergänzung der Taxaliste des SPEAR mit neuen Arten aus Schweizerischen Bächen Bewertung der Anwendung des SPEAR bei gröberer Erfassung: auf höherem Taxalevel (Familien), Häufigkeitsklassen statt absolute Abundanzen Empfehlung für eine minimal nötige Taxazahl mit SPEAR at risk Taxa für einen validen Index Anpassung des SPEAR Index an den Klimawandel (Umgang mit Neozoen, wärmeliebende Arten) Überarbeitung der Einstufung von Taxa in at risk (gefährdet) bzw. not at risk (ungefährdet) Bestimmung des optimalen Einsatzzeitraumes zur Erfassung von Pestizideinflüssen Datenrecherche zu Toxdaten für Gammarus spp. als potentiell neue Bezugsart und weiteren wichtigen Arten (z.B. versch. Insektenarten) Interannuelle Variabilität des Indexes Kalibrierung mit Spurenstoffanalytik Gemeinsame Publikation mit den Projektpartnern B) Ziele für den GamTox Feldtest Erstmalige Anwendung in der Schweiz in Kleinstgewässern mit Pestizidbelastung Kalibrierung mit Spurenstoffanalytik (Sensitivität) Handhabbarkeit im Feld (Robustheit, Aussagekraft, Praktikabilität) Gemeinsame Publikation mit den Projektpartnern als Autorenteam C) Integration der Methoden in ein stufenweises Gewässerbewertungskonzept (Empfehlungen) Inhalte An ausgewählten Beispielgewässern mit spezifischer Pestizidbelastung wurden an verschiedenen Probestellen im Bachgradient im Mai/Juni 2011, Juli 2011 sowie März und Mai/Juni 2012 Makrozoobenthosproben nach IBCH (CH) und WRRL (D) genommen. Gleichzeitig wurden an einigen Stellen Autosampler aufgestellt und der GamTox Feldtest für 2 - 6 Wochen durchgeführt. Diese gleichzeitige biologische, ökotoxikologische und chemische Erhebung von Daten ist einzigartig. Die Wochensammelproben wurden auf ca. 90 verschiedene Pestizide und Metaboliten hin spurenanalytisch untersucht (Interkantonales Labor Schaffhausen, TZW Karlsruhe) und dadurch ein einzigartiger Datenschatz erzeugt. Die Beprobung im März 2012 diente der Bestimmung einer Baseline, d.h. es war gedacht, vor der Hauptapplikationszeit der Pestizide die Hintergrund belastung zu ermitteln. Dessweiteren wurden an zusätzlichen, ausserhalb des Einzugsgebietes des InterReg IV Projektes liegenden Gewässern sowohl GamTox als auch chemische Spurenanalytik in den schweizerischen Kantonen Bern und Genf als assoziierte Partner durchgeführt, um zu sehen, ob unsere Methoden (GamTox, SPEAR Index) auch unter anderen geografischen und chemischen Belastungsbedingungen (Weinbau, Abwasserreinigungsanlagen) anwendbar sind. Die Ergebnisse wurden am 23. Januar 2013 auf dem Projektworkshop in Friedrichshafen ausführlich vorgestellt und diskutiert (s. Anlage). Dieser Tagungsband ist die wesentliche Grundlage dieses Endberichtes, ergänzt durch den detaillierten Bericht zum SPEAR Index. Achievements: Im Grenzgebiet D/CH (z.B. Im Kanton Schaffhausen) liegen oft Bäche, die in der Schweiz nach IBCH und in Deutschland nach WRRL biologisch-ökologisch bewertet werden. Das kann dazu führen, dass ein Bach in unterschiedliche Wasserqualitätsklassen eingestuft wird, obwohl das eigentlich nicht der Fall ist. Deshalb ist es wichtig, die Bewertungsmethoden zu harmonisieren. In Bezug auf die ökotoxikologische Bewertung bietet sich hier der SPEAR-Pestizid Index an, da dieser robust ist gegenüber den verschiedenen Ansätzen beider Länder, z.B. Häufigkeitsklassen versus absolute Tieranzahlen, verschiedene Bestimmungstiefe (Art/Familienniveau). Dasselbe gilt auch für den Feldtest GamTox, der von den üblichen biologischen Bewertungsmethoden sowieso völlig unabhängig ist. Beide Methoden sind innovativ und noch nicht EU-weit standardisiert/normiert. Es liegen jedoch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen zu beiden Methoden vor. Der SPEAR-Pestizid Index wurde in verschiedenen EU-Projekten in anderen Ländern erprobt. Dennoch haben wir in diesem Projekt einige essentielle und innovative Fragen aufgeworfen und beantworten können: neue Schweiz-typische Arten in die SPEAR Artenliste wurden aufgenommen; eine Empfehlung für eine minimal nötige Taxazahl pro Probe wurde erarbeitet, um einen validen SPEAR-Pestizid-Index zuzulassen. Der GamTox Feldtest wurde erstmals im Feld durchgeführt, und zeigte sich sowohl robust als auch aussagekräftig, um direkt vor Ort toxische Belastungssituationen (diffuse Einleitungen aus der Landwirtschaft: Pestizide; Punkteinleiter: Abwasserreinigungsanlagen) anzuzeigen. Die Impulswirkung des Projektes war gross: verschiedene assoziierte Partner (Schweizer Kantone Bern, Genf) klinkten sich in das Projekt ein; Daten aus anderen Schweizer Kantonen (z.B. Wyna, Aargau) wurden geliefert und berechnet. Eine hohe Teilnahme von Behördenvertretern auf deutscher und Schweizer Seite am Projektworkshop sowie eine ausgiebige PR-Arbeit (TV, lokale Tageszeitungen, online Presse, internationale wissenschaftliche Veröffentlichungen und Konferenzbeiträge) sorgten für eine optimale Verbreitung der Methoden und Ergebnisse, sowohl im Bodenseeraum und national als auch international. Hauptergebnisse (Details siehe Tagungsband) 1) Chemische Belastung der Bodenseebäche Die chemische Belastung der Bäche ist sehr komplex und individuell, variiert auch von Probestelle zu Probestelle. Je nach Spritzplan kann es bereits im März/April zu Austriebsspritzungen kommen, sodass bereits zeitig eine Pestizidbelastung vorliegt. In jedem einzelnen Fall ist der optimale Zeitraum zur Benthosbeprobung für die SPEAR-Pestizid Indexberechnung den lokalen Bedingungen anzupassen. Diazinon (in Deutschland bereits verboten) konnte in Schweizer Bächen noch in Konzentrationen gefunden werden, die die Qualitätskriterien deutlich übersteigen. Gute Referenzstellen (bezogen auf chemische Belastung) gab es nur wenige Stellen (z.B. Kt TG: Othmarsbach) im landwirtschaftlich intensiv genutzten Bodenseeraum. Bereits ein Gehölzsaum beidseitig am Ufer vermindert die Belastung (z.B. Othmarsbach) erheblich. Da gute Referenzstellen aber für viele Bewertungsmethoden einschl. des SPEAR-Pestizid-Index nötig sind konnte hier ein Missstand aufgezeigt werden. Andererseits konnte gezeigt werden, dass eine Uferbepflanzung die Wasserqualität deutlich erhöht, die Biodiversität und zusätzlich der Biotopvernetzung dient. Derartige Massnahmen wären sehr empfehlenswert für den künftigen Gewässerschutz in beiden Ländern. Die ausgiebige chemische Analytik aus den Wochensammelproben konnte eindeutig verschiedene Einleitungen aufdecken (Schweizer Kantone SG, TG, SH), die von den Umweltbehörden weiterverfolgt werden. Hauptproblemstoffe waren: Diazinon, Isoproturon, Diuron, Terbutryn, Pirimicarb, Dimethoat, Difenoconazol und Carbendazim sowie Kupfer. Wochensammelproben zeigten ein gutes Verhältnis von Aufwand/Resultat. 2) GamTox Feldtest Die in situ Exposition von Bachflohkrebsen in 5 replikaten Durchflussröhren, befestigt in einem Korb auf dem Bachsediment erwies sich als praktikabel, verlässlich und aussagekräftig. Die Expositionen konnten teils bis zu 8 Wochen durchgeführt werden, was auch die Erfassung von chronischen Auswirkungen von low-dose Chemikalien erlaubt. Insgesamt wurden an 18 Stellen GamTox Tests (i.d.R. 4 Wochen, manchmal bis zu 8 Wochen) durchgeführt. Das Überleben war dabei der verlässlichere Parameter im Vergleich zur Frassaktivität, da letztere einerseits stark variierte und andererseits durch Shifts in der Nahrungspräferenz der Tiere verfälscht werden kann; z.B. ernährten sich die Bachflohkrebse unterhalb einer Abwassereinigungsanlage vermehrt von kleinen Zuckmückenlarven weshalb die Fassaktivität an den ausgelegten Blättern sank. Die Tiere reagierten empfindlich auf folgende Stoffe: Diuron, Carbendamzim, Isoproturon, Terbutryn, Terbutylazin, Azoxystrobin, Kupfer, Ammonium, Nitrit, und besonders Diazinon. Weitere Problemstoffe waren: Benzophenon, Bisphenol A, Diclofenac. GamTox zeigte akute Belastungen innerhalb von 1-2 Wochen an (Punkteinleiter: Gärtnerei, Hühnerfarm, Kläranlage) sowie chronische diffuse Belastungen (Weinbau, Landwirtschaft). Vermindertes Überleben in GamTox als direkter toxischer Effekt liess sich mit chemischen Spitzenwerten der oben genannten Stoffe/Stoffgemische erklären. An manchen Punkteinleitern lässt auch schon die Gammaridenabundanz eine erste Bewertung zu: unterhalb der Einleitungen gibt es weniger Tiere als oberhalb. Ob diese Tiere aber eine eigenständige Population darstellen oder nur von oberhalb der Einleitung regelmässig eindriften kann nur mit GamTox Feldtest Expositionen abgeklärt werden. Vermutet man also eine chemische Belastung bereits an den Gammaridenabundanzen (oder sogar Fehlen von Gammariden) so kann diese durch GamTox überprüft werden. GamTox gibt die real-lokale direkte ökotoxikologische Belastung eines Stoffgemisches im Gewässer auf eine wichtige Schlüsselart der Gewässerbiozönose an. Der Test ist unabhängig von Makrozoobenthosdaten und kann überall durchgeführt werden, wo es Auffälligkeiten (chemischer, biologischer Art) gibt. Es konnten 2 wissenschaftliche Publikationen, verschiedene Zeitungsberichte und ein TV-Beitrag (TeleTop) generiert werden. 3) Makrozoobenthos Die Gewässerlebewelt in den kleinen Bodenseebächen ist bereits stark degradiert, dabei spielen verschiedene sich überlagernde Belastungsfaktoren eine Rolle: ökomorphologische Degradation, chemische Belastung, Fehlen von Wiederbesiedlungsgebieten (unbelastete Seitenbäche oder Oberläufe). Das Fehlen von unbelasteten Referenzen beeinträchtigt die Gewässerbewertung, besonders bei der WRRL-Methodik, da diese sich besonders auf den Vergleich zu Referenzgewässern bezieht. Eine standorttypische Besiedlung kann nur noch selten in kleinen Bächen im Bodenseeraum festgestellt werden. Der IBCH ist noch nicht abschliessend für die Schweiz evaluiert, für die untersuchten kleinen Bäche im Bodenseeraum scheint er unpassend. Alternativ zur Berechnung von biologischen Indices kann eine Defizitanalyse (z.B. der EPT-Taxa: Eintagsfliegen, Trichoptera, Plecoptera) vorgenommen werden, welche auch in die WRRL-Methodik eingebaut ist und auch ausserhalb Europas zur raschen gewässerbiologischen Diagnostik verwendet wird. Eine systematische Übereinstimmung von IBCH und SPEAR-Pestizid-Index gab es nicht. Die Benthosprobenahme für das Routinebiomonitoring findet üblicherweise im März statt, weil man hier noch viele (noch nicht emergierte) Tierarten nachweisen kann. Da, abgesehen von vereinzelten Austriebsspritzungen, dieser Probezeitraum für die SPEAR-Pestizid-Berechnungen zu früh ist, wäre eine zusätzliche zeitaufwendige Benthosbeprobung und Auswertung im Mai/Juni oder sogar Juli für den SPEAR-Pestizid Index nötig. Hier gilt es vorab eine Kosten/Nutzenanalyse durchzuführen und die Aussagekraft des SPEAR-Pestizid-Index mit derjenigen des in situ GamTox Feldtestes von Fall zu Fall abzuwägen. Das Projektkonsortium gibt gerne Empfehlungen für eine geeignete Methodenauswahl. Bzgl. GamTox Feldtest wird auch auf die im Projekt erzielten wissenschaftlichen Publikationen verwiesen. 4) SPEAR-Pestizid-Index (Details im S